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29.06.2023
Franz Radziwill Haus
in Dangast
Nach ersten Erfolgen in Hamburg, Bremen und Berlin kaufte der Maler Franz Radziwill (1895–1983)
am 18. Februar 1923 ein altes Fischerhaus in Dangast – eine eigenwillige Entscheidung für die
Provinz. Mitten in der Inflation ermöglichte ihm ein glücklicher Verkauf zweier Bilder gegen US Dollar
den Erwerb der Immobilie. Das Haus, das Radziwill im Laufe seines Lebens eigenhändig durch An-
und Ausbauten erweiterte, sollte fortan zu seinem Lebensmittelpunkt werden. Heute gilt es als
begehbare gemauerte Künstlerbiografie – auf seine Weise einzigartig in Deutschland. Radziwill ist
untrennbar mit dem Künstlerort Dangast verbunden. Die Ausstellung „Alles auf Anfang“ blickt auf
das Jahr 1923, das diese Verbindung vor 100 Jahren begründet hat.
In Auseinandersetzung mit Dangast vollzog sich um 1923 der radikalste stilistische Umbruch des
Malers: Radziwill kam als Expressionist, trug die leuchtenden Farben mit schneller Geste auf und
erfand ausdrucksstarke Formen. In Dangast wandte er sich von dieser Malerei ab – und entdeckte
den weiten Raum und das Detail. Wie die Alten Meister gab er von nun an jede Kleinigkeit wieder,
nur die Farbintensität behielt er stets bei. Diese präzise Malweise sollte zu einem
Erkennungsmarkmal seines Hauptwerks werden.
Die Ausstellung veranschaulicht Radziwills radikalen Stilbruch um 1923 mit über 50 Exponaten aus
der Zeit von 1919 bis 1925. Darunter sind mehr als 20 Gemälde sowie Dutzende Aquarelle,
Zeichnungen, bemalte Postkarten und Druckgrafiken. Sie zeigen die Entwicklung des Frühwerks in
den verschiedenen Gattungen.
Fünf der Gemälde erzählen die Geschichte des Stilwandels besonders verdichtet: Denn Radziwill hat
viele seiner frühen Arbeiten verworfen und oft zwei oder drei Jahre später die Rückseite der
Leinwände neu bemalt – Recto- und Versoseite zeigen deshalb Motive in Radziwills frühem und
späterem Stil. Der Umbruch wird so auf zwei Seiten ein und derselben Leinwand erkennbar.